Donnerstag, 10. Januar 2013

Absprung

Mich selbst in die Welt stoßen soll ich?
Heraus aus meiner Gemütlichkeit und inneren Höhle
in der es vor Blumenkissen und Liebesküssen nur so wimmelt?
Hier ist es warm und es duftet nach Chai und Zimt
und das Einzige was mir fehlt ist eine Badewanne.
Aber
zusammengerollt auf meiner guten IKEA-Matratze
tut mir langsam der Rücken weh
die Blumen langweilen mich zu Tode
die Küsse auch
und was weiß ich nicht alles
vor lauter Bequemlichkeit werde ich mürrisch
und sehne mich danach
mal wieder zusammenzubrechen
zur Abwechslung
ja richtig
zusammenzubrechen und den Schmerz
fast nicht auszuhalten
nicht auszuhalten
zu platzen
und wenn er dann doch langsam nachlässt
tut das so gut
so gut wie sonst nichts
so angenehm erschöpft war ich schon lange nicht mehr
so seelig schlafen will ich wieder
wie nach Stunden tiefster Verzweiflung
auf die die Erkenntnis folgt:
Es geht trotzdem weiter.
Mich selbst in die Welt stoßen...
mit einem Riesenarschtritt
der mich Sterne sehen lässt
Sterne
au ja.


Dienstag, 8. Januar 2013

Finderlohn


Ich will dich verehren
wie einen anbetungswürdigen Gott
der den Himmel verdient hat
und die Erde gratis dazu
so will ich vor dir niederknien
und wer weiß was machen
und deine Befehle werden Musik sein
in meinen Ohren
(das nennt man dann Hörigkeit)
und dann feiern wir das Fest
meiner Willenlosigkeit
und kreischen „Tod dem Feminismus“
und ich werde zufrieden sein
durchaus nichts wollen, nur dich
und du wirst müde lächeln
mir den geneigten Kopf tätscheln
und fett werden.
Dann irgendwann
werden Zettel kleben
in der ganzen großen Stadt
an jedem Baum
an jeder Hauswand und Litfaßsäule
mit letzter Kraft
aufgehängt von einer die sich auszog
um das Fürchten zu lernen:
ICH HAB MICH VERLOREN
WER FINDET MICH.



Rückblick


Wir haben uns um den Verstand gebracht
und als wir ihn uns ausgetrieben hatten
ist die Sonne untergegangen und wir mit ihr
und es war plötzlich Nacht
keine Sterne da und kein Mond
kein Mut mehr und keine Nähe
und wir haben uns gerufen
doch das Nichts hat unsere Stimmen geschluckt
und so irrten wir umher
auf der Suche nach einander und uns selber
und haben gar nichts gefunden
gar nichts
ach hätten wir doch
bevor es zu spät war
hätten wir doch
mit einem Funken Restverstand
ein Feuer entzündet.


Cariño mio


Bin in deine geöffnete Hand gefallen
die duftet nach heißer Schokolade
und Lebenslustigkeiten
ist groß und sehr weich
von ganz weit oben
von ganz weit unten
nun stehe ich hier
leicht erstaunt
kerzengerade und hellwach
die Hände in die Hüften gestemmt
und  beobachte dich

ganz fasziniert scheinst du
von deinem guten Fang
lächelst mich an
so liebevoll
in den Augen Gutmütigkeit
und Schalk

plötzlich spitzt du die Lippen
mein Herzschlag setzt aus
und mein Atem
du willst mich davonpusten
das ängstigt mich so
doch du
du küsst mich nur

und ich
ich leuchte
drehe mich stolz hin und her
tanze in bisschen
trage mein schönstes Seidenkleid
glänzend und waldhimbeerbestickt
fühle mich aufgehoben
fühle mich wertvoll
fühle mich wohl.


Momentaufnahme


Ich höre aufmerksam zu
dem tosenden Gebrabbel der Welt
das mich melancholisch stimmt.
Fange meine Tränen
in einem Spucknapf -
eine Sintflut die mich ekelt
Sündflut heißen müsste
und doch von keiner Schuld befreit.
Klingt mein Lachen traurig?